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1. Kommentar zum Buch Zefanja

Das Buch des Propheten Zefanja umfaßt zwar nur drei Kapitel, es hat jedoch besonders seit den siebziger Jahren bis in die jüngste Gegenwart hinein in der exegetischen Forschung gesteigerte Beachtung gefunden. Das Buch bietet fast durchwegs eine kolometrisch gebundene und zu einem erheblichen Teil poetisch prägnante Sprache mit einem ausgeprägten Zug zur Ironie und Imagination. Wichtige Themen und Motive sind: das Gottesgericht über Juda, Jerusalem und Fremdvölker, die spezifische Rezeption der Tag-Jahwe-Tradition ("Dies irae dies illa"!), im Buch zum (eschatologischen) Weltgericht ausgeweitet; die religiöse und unter diesem Aspekt auch politische und soziale Begründung des strafenden Einschreitens Jahwes gegen Juda und Jerusalem (Verfremdung, Synkretismus, politisch-soziale Korruption, Gewalt, 'praktischer Atheismus'); die Forderung nach "Gerechtigkeit" und "Demut" bis hin zu einer wirkungsgeschichtlich so bedeutsamen Verknüpfung von sozialer Armut und sittlich-religiös positiver Wertung (der arme und Jahwe-treue Rest Israels); die Hoffnungsbilder für ein neues Jerusalem und einer universalen Anerkennung und Verehrung des Gottes Israels. In der exegetischen Forschung sind neben schwerwiegenden textkritischen und sprachlichen Problemen (immer noch) umstritten die Fragen nach der "ipsissima vox" Zefanjas, seines geschichtlich-religiösen Hintergrunds, das Verhältnis Zefanjas zur sog. "Joschianischen Reform", die Entstehungsgeschichte des Buches und seine wirkungsgeschichtliche Bedeutsamkeit.
Dichte und Vielschichtigkeit des Zefanjabuches spiegeln sich in Alter und Herkunft seiner Einzeltexte. Die ältesten Teile des Buches werden in die Zeit des Reformerkönigs Joschija von Juda in der zweiten Hälfte des 7. Jhs. v. Chr. datiert. Seine jüngste Teile stammen aus dem 4./3. Jh. v. Chr.
Wirkungsgeschichtlich ist das Buch Zefanja in neuerer Zeit insbesondere für die Ausbildung einer Theologie der Armen bedeutsam geworden. Mit der Sicht des "Tages JHWHs" kommt dem Buch eine wesentliche Rolle in der Entfaltung biblischer Eschatologie zu. Seine Hoffnung auf eine heilvolle Perspektive für alle Völker, aber auch das "Dies irae" nach Zefanja 1,15-18 wirken bis in unsere Zeit fort.
Der Kommentar verbindet einen grundlegenden "synchronen" Zugang zur Bedeutung des Zefanjabuches und seiner Einzeltexte auf der Ebene ihrer literarischen Kontexte im Buch und ferner im Kontext der übrigen Prophetenbücher wie des biblischen Kanons insgesamt mit einer "diachron" orientierten Sinnerschließung. Sie will dem geschichtlichen Charakter und auch den geschichtlichen Grenzen des biblischen Textes, seiner jeweiligen situativen Verankerung und seinem zeitgeschichtlichen Hintergrund gerecht werden, damit aber auch seiner Kompetenz, ein neues "Gespräch" mit ihm in neuen situativen Kontexten anzuregen und das "Paradigmatische" an ihm für heutige Leser und Leserinnen zu entdecken. Die Kommentierung erfolgt jeweils in den Schritten: Text (in Übersetzung) mit Anmerkungen - Analyse - Auslegung - Situation und Sinn (einschließlich Hinweise auf Rezeptionen).

Vorarbeiten:

IRSIGLER, H., Gottesgericht und Jahwetag. Die Komposition Zef 1,1-2,3, untersucht auf der Grundlage der Literarkritik des Zefanjabuches: ATS 3, St. Ottilien 1977.

IRSIGLER, H., Äquivalenz in Poesie. Die kontextuellen Synonyme sa`aqa - yalala - sibr gadu(w)l in Zef 1,10c.d.e: BZ NF 22 (1978) 221-235.

IRSIGLER, H., Exegese Zef 3,14-17 (14-18a): Bibeltheologische Vorüberlegungen, in: WAHL, O./SCHULZ, E. (Hrsg.), Unsere Hoffnung und Gottes Wort, Frankfurt 1994, S. 35-41.

IRSIGLER, H., Der Freudenaufruf an Zion in Israels Prophetie. Zef 3,14-15 und seine Parallelen, in: FRÜHWALD-KÖNIG, J. / PROSTMEIER, F.R. / ZWICK, R., "Steht nicht geschrieben?" Studien zur Bibel und ihrer Wirkungsgeschichte. FS Georg Schmuttermayr, [Pustet] Regensburg 2001, 41-66. 

 

Abgeschlossen Juli 2002.

Erschienen als:
IRSIGLER, Hubert, Zefanja: HThKAT, Freiburg u.a. 2002 .

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 2. Sprechhandlungen und Wirkintentionen in Redeprozessen von Individualpsalmen der hebräischen Bibel.

 

(1) Zusammenfassung:

Jede sprachliche Äußerung stellt auch eine Handlung dar, einen Sprechakt (Illokution), durch den beim jeweiligen Adressaten etwas bewirkt werden soll (perlokutiver Versuch), was im glückenden Fall erreicht wird (Perlokution). Solche Illokutionen besitzen eine für das konkrete Sprachsystem beschreibbare spezifische sprachliche Äußerungsform. Diese bislang in der exegetischen Forschung in methodologischer Hinsicht nicht konsequent erfasste und systematisch beschriebene Textdimension soll in den Gebeten des Einzelnen der hebräischen Bibel untersucht werden.
Wird der Redeprozess in der Gebetsdichtung und seine Verankerung in der Redesituation beachtet, lässt sich die Dynamik eines Textes und seine Wirkintention besser erfassen. Daher gilt es, für die Einzeltexte ein solches Profil des Redeprozesses zu erarbeiten. Daraufhin können diese innerhalb der hebräischen Bibel miteinander verglichen werden. Darüber hinaus wird ein methodischer Vergleich hebräischer vor allem mit mesopotamischer Gebetsliteratur ermöglicht. Auf dieser Basis ist eine exaktere Textsortenbeschreibung zu erwarten. Ebenso können weitergehende Erkenntnisse über die zugrundeliegenden Redesituationen, seien sie eher rituell gebunden oder von Anfang an verwendungsoffen, sowohl für die jeweilige Verankerung der Einzeltexte wie für Textsorten gewonnen werden.
Die Bestimmung von Art und Intention von Sprechakten in ihrer je spezifischen Äußerungsform setzt eine Kenntnis des Verhältnisses von Adressant und Adressat voraus. Daher ist die Beschreibung von Sprechereinstellungen bzw. des textlichen Sprecherbildes sowie der Sicht des textimmanenten Adressaten in die Untersuchung einbezogen. In den zu untersuchenden Individualgebeten geht es also umfassender um das jeweils vorausgesetzte Menschen- und Gottesbild, das im Analyseprozess profiliert werden soll. In diesem Zusammenhang kommen auch Aspekte der sozialen und kulturellen Lebenswelt in den Blick, die sich in den jeweiligen Texten ausprägt.

 

(2) Forschungsgegenstand

Texte biblischer Poesie sollen als Redegeschehen, als Manifestation eines intentionalen wirkungsbezogenen sprachlichen Handelns textinterner oder impliziter Sprecher aufgrund kommunikativer Voraussetzungen und Bedingungen untersucht werden. Die Beschreibung des 'Sprecherhandlungsgehalts' und des ' Wirkgehalts' poetischer biblischer Rede betrifft die Ebenen der Syntax und der Semantik der Untersuchungstexte. Da Aspekte der situativen und soziokulturellen Verankerung von Einzeltexten in der Regel nur indirekt zugänglich sind, werden sie zunächst aus der Untersuchung ausgespart. Methodische Basis ist die von J.L. AUSTIN (zuerst 1962) und J.R. SEARLE (zuerst 1969) begründete und seither vielfach weiterentwickelte Sprechakttheorie. Literarische Untersuchungsbereiche sind:

  • Die Psalmen des Psalters
  • Das Buch der Klagelieder
  • Psalmverwandte Dichtungen im hebräischen Alten Testament (u.a. Dtn 32; 1Sam 2,1-10; Jona 2; Lieddichtungen aus dem Jesajabuch)

Die Darstellung des illokutiven Sprecherhandlungsgehalts und des Wirkgehalts (perlokutive Versuche) poetischer Rede dient der Verhältnisbestimmung von Sprechakten und Sprechintentionen. Notwendig ist die Erarbeitung einer Kriteriologie für die Beschreibung von Sprechaktindikatoren und Sprechaktfunktionen in literarischen biblischen Texten. Resümierend sollen die textindividuellen Sprechaktprozesse auf syntaktischer und semantischer Ebene sowie die texttypischen Sprechaktprozesse als Beitrag zur Textsortenforschung im AT dargestellt werden.

 

(3) Forschungsstand

Eine umfassende Bestandsaufnahme der Rezeption der Sprechakttheorie in der biblischen Exegese bietet der Semeia-Sammelband von H.C. WHITE 1988, ferner U. BERGES, La lingüística pragmática como método de la exégesis bíblica: RTLim 27 (1993) 64-90; W. HOUSTON, What did the prophets think they were doing? Speech-act theory and prophetic discourse in the Old Testament: Bibl.Int. 1 (1993) 167-188; D.K. BERRY, The Psalms and their Readers. Interpretative Strategies for Psalm 18: JSOT.SS 153, Sheffield 1993. Wichtige Ansätze zur Analyse der Sprechaktbedeutung hebräischer Verben und weiterer lexikalischer Einheiten bietet A. WAGNER, Sprechakte und Sprechaktanalyse im Alten Testament: BZAW 253, Berlin / New York 1997. In den bisherigen Ansätzen sprechaktorientierter Forschung an biblischen Texten ist bislang eine Methodologie der Sprechaktbeschreibung auf den Ebenen der Syntax und Semantik von Texten noch nicht konsequent entwickelt. Ein Versuch hierzu wird vorgelegt in H. IRSIGLER, Psalm-Rede als Handlungs-, Wirk- und Aussageprozeß. Sprechaktanalyse und Psalmeninterpretation am Beispiel von Psalm 13, in: K. SEYBOLD/E. ZENGER (Hrsg.), Neue Wege der Psalmenforschung. FS W. BEYERLIN: HBS 1, Freiburg u.a. 1994, 63-104. Im Anschluss daran wird die Beschreibungsmethodik entfaltet in T. HIEKE, Ps 80 - Praxis eines Methodenprogramms: ATS 55, St. Ottilien 1997. In derzeit laufenden Dissertationsprojekten am Lehrstuhl für Alttestamentliche Literatur der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg werden diese Forschungsansätze aufgenommen und für die Interpretation  prophetischer und poetischer Texte der hebräischen Bibel weiterentwickelt.

 

(4) Vorarbeiten

H. IRSIGLER, Das Proömium im Moselied Dtn 32. Struktur, Sprechakte und Redeintentionen von V.1-3, in: R. SCHULZ/M. GÖRG (Hrsg.), Lingua Restituta Orientalis. FS J. ASSFALG: ÄAT 20, Wiesbaden 1990, 161-174.

H. IRSIGLER, Thronbesteigung in Psalm 93? Der Textverlauf als Prozeß syntaktischer und semantischer Interpretation, in: W. GROSS/H. IRSIGLER/T. SEIDL (Hrsg.), Text, Methode und Grammatik. FS W. RICHTER, St. Ottilien 1991, 155-190.

H. IRSIGLER, Psalm- Rede als Handlungs-, Wirk- und Aussageprozeß. Sprechaktanalyse und Psalmeninterpretation am Beispiel von Psalm 13, in: ZENGER, E. (Hrsg.), Neue Wege der Psalmenforschung, Festschrift W. BEYERLIN: Herders Biblische Studien 1, Freiburg u.a. 1994, S.63-104.

H. IRSIGLER, Sprechhandlungen und Intentionen in althebräischer Poesie. Die Intention der Verkündigung Jesajas, untersucht am Weinberglied Jes 5,1-7, in: Gott zur Sprache bringen ... Katholische Theologie in Bamberg, Hrsg. G. RUPPERT: Forschungsforum. Berichte aus der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Heft 8, Bamberg 1996, 9-21.

H. IRSIGLER, Speech Acts and Intention in the Song of the Vineyard Is. 5:1-7: Old Testament Essays 10 (1997) 39-68.

H. IRSIGLER, Psalm 139 als Gebetsprozess, in: IRSIGLER, H. (Hrsg.), unter Mitarbeit von ÓLASON, K., "Wer darf hinaufsteigen zum Berg JHWHs?". Beiträge zu Prophetie und Poesie des Alten Testaments. FS S.Ö. STEINGRÍMSSON: ATS 72, St. Ottilien 2002, 223-264.

 

(5) Hypothesen

Zwischen Sprechakten und Schreibakten, Mündlichkeit und Schriftlichkeit besteht in verschiedener Hinsicht, z.B. schon im Hinblick auf ihre räumliche und zeitliche Kontinuität, ein fundamentaler Unterschied. Dennoch ist die Sprechakttheorie nicht nur eine Theorie der gesprochenen Sprache. Verschriftete Rede oder primär schriftliche Texte werden von ihren Verwendern prinzipiell mit Hilfe der gleichen Sprechaktkenntnisse interpretiert wie mündliche Rede. - "Sprecherhandlungen" und die mit ihnen verknüpften oder darüber hinaus geäußerten "Sprechereinstellungen" (propositional attitudes) zum Aussagegehalt der Rede sind uns in schriftlichen Texten (nur) als sprachliche Handlungsfunktionen und Handlungsbedeutungen sprachlicher Einheiten gegeben. Der Handlungsgehalt schriftlicher Rede und damit auch ihre Wirkintentionen sind uns nur über den sprachlichen Ausdruck bzw. die Syntax und über die Semantik sprachlicher Einheiten bzw. des Textes zugänglich.

 

(6) Methoden / Arbeitsschritte

Die Untersuchung orientiert sich im Wesentlichen an sechs methodischen Schritten der Textanalyse. Die Analyse ist zum einen auf den jeweiligen Einzeltext bezogen, wird zum anderen aber auch im Rahmen bestimmter Textgruppen durchgeführt. Hinzu kommt der Vergleich der untersuchten Individualgebete, sowohl innerhalb der einzelnen Textgruppen, als auch was das gesamte Textkorpus betrifft.

1. Die textliche Strukturierung und die kommunikativen Ebenen der Texteinheit: Die Strukturuntersuchung soll ausdrucks- und inhaltsorientiert auf der Wort-, Satz- und Textebene durchgeführt werden und einen Vorbegriff vom Aufbau des Textes ergeben. Von Bedeutung sind u.a. dominante Merkmale der Textstruktur (Inklusion etc.), Kommunikationsverhältnisse im Text, satzsyntaktische Zäsuren und Verknüpfungen wie auch die Analyse übergreifender Satzformen (erweiterter Satz, Satzbund, Satzgefüge). So sollen Textzäsurierungen und Textsegmente auf der Gesamttextebene sichtbar werden. Es ist in diesem Zusammenhang allerdings keine Gesamtanalyse der Semantik beabsichtigt.

2. Die morphologisch-syntaktische Untersuchung der Sprechaktfunktionen: auf der Basis der morphologisch-syntaktischen Analyse sollen für die einzelnen Texte die darin enthaltenen Illokutionen und deren Funktion untersucht, objektsprachlich benannt und klassifiziert werden (vgl. den Entwurf einer Klassifikation von Sprechakten in: H. IRSIGLER, Psalm 139 als Gebetsprozess, in: IRSIGLER, H. (Hrsg.), unter Mitarbeit von ÓLASON, K., "Wer darf hinaufsteigen zum Berg JHWHs?". Beiträge zu Prophetie und Poesie des Alten Testaments. FS S.Ö. STEINGRÍMSSON: ATS 72, St. Ottilien 2002, 261f.). So können in der Sprachkompetenz des Beters begründete illokutive Funktionen der Sätze anhand syntaktischer Merkmale des Textes erfasst und ‚grammatisiert’ werden. Die Kenntnis der Propositionen, also der Mitteilungsgehalte, wird dabei vorausgesetzt.

3. Untersuchung der satzsemantischen, kontextsemantischen und (im engeren Sinne) textsemantischen Sprechaktbedeutungen, bezogen auf die Einzelsätze und auf deren sprachlichen Kontext in der Redeeinheit sowie auf den Text als integrierendes sprachliches Zeichen.

4. Untersuchung der Redesituationen sowie der Adressaten-bezogenen Wirkintentionen und gegebenenfalls von Wirkungen: es geht um (a) textlich vorausgesetzte Redesituationen (Textdeixis, Personen, Räume, Zeiten, Geschehensabläufe etc.), (b) perlokutive Bewirkungsversuche und (c) Hinweise auf textlich erreichte Wirkungen.

5. Resümee der dominanten Illokutionen und Wirkintentionen im Textverlauf: Als Basis für den Textvergleich muss eine übersichtliche Darstellung des dominanten Adressaten- und Sprecher-bezogenen Redeprozesses erstellt werden.

6. Der Redeprozess als Erfahrungsweg des Sprechers: Der Erfahrungsweg des textimmanenten Sprechers und das Sprecher-bezogene Wirkpotential des Textes soll erfasst werden. Hierbei ist die Dynamik des Textes von besonderem Interesse: (a) der Wandel der Sprechersicht des göttlichen Adressaten im Textverlauf (Adressatenverständnis) sowie (b) der Wandel der Sprechereinstellung im Textverlauf (Selbstverständnis). Es geht in diesem Schritt damit auch um Aspekte des Menschen- und Gottesbildes eines Textes.

 

(7) Kooperation

Kooperation mit wissenschaftlichen Mitarbeitern am Lehrstuhl für Alttestamentliche Literatur. Vorgesehen ist ebenso eine Zusammenarbeit mit Prof. Dr. S.Ö. STEINGRIMSSON, Universität Reykjavik, Island.

 

(8) Schwerpunktzugehörigkeit

Arbeitsgebiet "Sprechaktanalyse in der alttestamentlichen Exegese"

 

(9) Laufzeit

Angelegt auf eine Laufzeit von mindestens 4 Jahren. Ab Januar 2003.

 

(10) Projektfinanzierung

Bisher finanziert aus Eigenmitteln des Lehrstuhls.
 

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 3. AGAT-Tagung 2003 in Freiburg i. Br.

 

Die Tagungsbeiträge sind erschienen in:
IRSIGLER, H. (Hrsg.), Mythisches in biblischer Bildsprache. Gestalt und Verwandlung in Prophetie und Psalmen: Quaestiones Disputatae 209, Freiburg u.a. [Herder]  2004.

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  4. Gottesbilder im Alten Testament

 

Im biblischen Israel gab es gewiss materielle Bilder darstellender Kunst auch in religiösen Zusammenhängen und Kulträumen. Das Gottesbildverbot des Alten Testaments ist kein Kunstverbot. In der Forschung am Alten Testament ist weithin anerkannt, dass schon im offiziellen Kult der israelitischen Königszeit JHWH grundsätzlich anikonisch verehrt wurde. Gerade dort aber, wo materielle Darstellungen der Gottheit als zu verehrende Kultbilder abgelehnt werden, übernimmt die Sprache, die Rede von Gott und zu Gott, die Funktion, Gottesvorstellungen in sprachlichen Gottesbildern auszudrücken. Vorab in poetischen Texten des Alten Testaments, besonders in den Psalmen Israels, in den Prophetenbüchern (z.B. Hosea!), aber auch in Weisheitsbüchern wie dem Buch Ijob zeigen sich solche sprachlich-textlichen Gottesbilder, die auf der vergleichenden Übertragung lebensweltlichen Wissens auf Gott, aber auch auf der Rezeption mythologischer Bildsprache und Motive beruhen. Welche Gottesverständnisse, begriffen als die mehr oder weniger gefügte Ganzheit von Gottesvorstellungen, die sich in sprachlich-textlichen Gottesbildern konkretisieren, sind in der Religions- und Glaubensgeschichte des biblischen Israel wirksam geworden? Die geschichtliche Entfaltung und die Auseinandersetzung um das rechte Gottesverständnis lässt sich etwa an den Gottesbildern vom Wegbegleiter und Schützer der Sippen der Väter und Mütter Israels, vom Kämpfer und Befreier seines unterdrückten Volkes und seinem Hirten, vom König im himmlischen Bereich und im Kosmos und endlich vom Vater, "Ehemann" Israels und vom mütterlich liebenden und tröstenden Gott ablesen. Wie sind diese Gottesbilder hermeneutisch zu interpretieren auf dem Hintergrund ihrer mythischen, lebensweltlichen und zeitgeschichtlich-situativen Voraussetzungen (z.B. patriarchalische, familienbezogene und transkulturelle Aspekte von Gottesbildern)? Welche Wirkungsgeschichte haben Gottesbilder in der biblisch-christlichen und biblisch-jüdischen Tradition entfaltet?
Das Projekt setzt sich zum Ziel, charakteristische sprachlich-textliche Gottesbilder im Alten Testament in geschichtlicher Perspektive auf dem Hintergrund ihrer jeweiligen lebensweltlichen Voraussetzungen zu profilieren, als Beitrag zum metaphorischen Verständnis biblischer Rede von Gott. Die untersuchten Texte beziehen sich auf drei Hauptepochen des biblischen Israel in alttestamentlicher Zeit: a) Frühgeschichte und königsstaatliche Zeit Israels und Judas, b) exilische Epoche, c) nachexilisch-frühjüdische Epoche.

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 5. Exegetische Methodik und Hermeneutik des Alten Testaments

www.ipb.erzbistum-freiburg.de/fileadmin/Formulare/Theol_StT_2005_Irsigler.pdf

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 6. Symposion der Teilsektion Altes Testament im Rahmen des 30. Deutschen Orientalistentags in Freiburg i.Br. vom 24.-28. September 2007

 

Rahmenthematik:

Die Identität Israels. Entwicklungen und Kontroversen in der Frage nach dem Selbstverständnis Israels in alttestamentlicher Zeit

Dienstag, 25. September 2007, 14.00 bis 18.00 Uhr, Raum 3101 KG III


Israel als JHWH-Volk hat in alttestamentlicher Zeit im Kontext seiner vorstaatlichen, königsstaatlichen und nachexilisch-substaatlichen Geschichte sein ethnisches und religiöses Selbstverständnis durch schwere Krisen und Kontroversen hindurch zu finden gesucht. Welche mehr oder minder unterscheidbaren Konzeptionen wurden in Israel von der Identität und Einheit Israels entworfen? Welche vorstaatlichen gesellschaftlichen Vorstellungen und Ideale wirken in Israels Geschichte fort? Welche Rolle spielen dabei die tragenden Traditionen und Institutionen Israels? Abgrenzung, Auseinandersetzung und Offenheit im Verhältnis zu anderen prägen wesentlich die Selbstwahrnehmung. Aus welchen innerisraelitischen Kontroversen und aus welchen Wahrnehmungen der Völker in der Mit- und Umwelt Israels erwachsen daher Eigenwahrnehmung und Selbstverständnis Israels bzw. israelitischer Gruppen und Tradentenkreise in alttestamentlicher Zeit? Diese durch das Rahmenthema angestoßenen Fragen werden unter verschiedenen literarischen und geschichtlichen Aspekten, die sich auf einen Zeitraum von der Königszeit Israels bis in die hellenistische Epoche beziehen, in Einzelreferaten, Diskussionen erörtert und sind für die Publikation vorgesehen.


Vortragsthemen:

Seidl, Theodor, Würzburg

Konflikt und Konfliktlösung. Innere Kontroversen und Spannungen als Orte der Eigenwahrnehmung Israels in den Patriarchentraditionen der Genesis

Albertz, Rainer, Münster

Israel in der offiziellen Religion der Königszeit

Irsigler, Hubert, Freiburg i.Br.

Der Streit um die Identität Israels in der vorexilischen Prophetie.

Besonders am Beispiel von Hosea 12

Dietrich, Walter, Bern

Israel in der Perspektive des deuteronomisch- deuteronomistischen Literaturkreises

Rogerson, John W., Sheffield

Die Neubesinnung auf die Identität Israels in der exilischen Epoche

Rothenbusch, Ralf, Freiburg i.Br.

Die Auseinandersetzung um die Identität Israels im Esra- und Nehemiabuch

Mathys, Hans-Peter, Basel

Israel und die Völker in der Achämenidenzeit: Bekanntes und weniger Bekanntes

Bons, Eberhard, Strasbourg

Das Gesetz als Maßstab für Israel und seine Bedeutung für die Völker bei Flavius Josephus, Contra Apionem

 

Die Beiträge der Tagung sind veröffentlicht in: IRSIGLER, Hubert (Hrsg.), Die Identität Israels. Entwicklungen und Kontroversen in der Frage nach dem Selbstverständnis Israels in alttestamentlicher Zeit: HBS 56, Freiburg i.Br. u.a. 2009.

 

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