Forschung
____Forschungsthemen
In der Arbeit der Béla-von-Brandenstein-Forschungsstelle sind folgende allgemeine Themenkreise zur Erforschung der Bedeutung der Philosophie v. Brandensteins für die geistige Situation unserer Zeit relevant:
- Der Beitrag v. Brandensteins zum Selbstverständnis des Menschen und seiner Kultur und zur Diagnose der Gegenwart und ihrer Krisen auf dem Hintergrund der metaphysisch gestützten Zeitanalyse, Geschichtsphilosophie, Gesellschaftslehre und Anthropologie v. Brandensteins
- Der Beitrag v. Brandensteins zur natürlichen Stellung des Menschen im Kosmos bzw. in der Schöpfung und zur Philosophie als Sinnstiftungskraft: Beiträge zu einer umfassenden geistig-sinnhaften Kosmologie für die Bewältigung aktueller Herausforderungen und Konflikte und zur Gestaltung einer menschenfreundlichen Zukunft
- Der Beitrag v. Brandensteins zur Philosophie als Wissenschaft: Wiedergewinnung einer Philosophie als (nicht-positivistischer) Wissenschaft mit eigenen, spezifisch philosophischen Methoden (phänomenologisch-reduktive Analyse zur Aufdeckung der Seinsgrundstruktur der Phänomene und eine metaphysisch-regressive Analyse der notwendigen Seinsvoraussetzungen dieser Phänomene; darüber hinaus spezifisch totische, logische, mathematische, erkenntnistheoretische, pragmatische, poietische und ethische Erkenntnismethoden)
- Neuentwurf der Systematik der philosophischen Wissenschaften aus der triadischen Ontologie, d. h. aus dem Wesen der Seinsgrundstruktur, heraus: Aufbau eines kohärenten Systems der philosophischen Wissenschaften (Dinglehre/Ontologie, Gehaltlehre/Totik, Formenlehre/Logik, Gestaltungslehre/Mathematik, Wirklichkeitslehre/Metaphysik, Tatlehre/Pragmatik, Wissenschaftslehre/Theoretik, Kunstlehre/Poietik, Lebenslehre/Ethik, Religionsphilosophie)
- Der Beitrag v. Brandensteins zum Verständnis der Philosophie als Garant der universalen Vernunft und damit der natürlichen Verbundenheit aller Menschen („Jeder kann prinzipiell jeden verstehen“): Aufweis einer universalen Vernunftstruktur im Menschen, die dennoch individuelle Vielfalt und differenzielle Kommunikation zulässt (differenzieller Universalismus und Inklusivität)
- Analyse von v. Brandensteins Verständnis von Philosophie als differenziell-integrativer Kraft: Einbezug bzw. Integration und Abgrenzung von Religion und (Natur-)Wissenschaft
- Aufweis von v. Brandensteins Verständnis der Philosophie als Hinführung zum trinitarischen Gott und damit als Kooperatorin mit dem Christentum: Aufdeckung einer trinitarischen Ontologie als Grundstruktur der Wirklichkeit, des Geistes und aller Wissenschaften
- Ausarbeitung des Verständnisses von Philosophie als Grund- und Prinzipienwissenschaft („Zurück zum Grund“) bei v. Brandenstein und dessen Aufweis der Möglichkeit einer wissenschaftlichen Metaphysik und Theologie
- Aufweis des Beitrags von v. Brandensteins zur Erneuerung des Menschenbildes auf christlich-humanistischer Grundlage unter Einbeziehung moderner Erkenntnisse der Natur- und Geisteswissenschaften
- Untersuchung der Konzeption einer metaphysisch gestützten ontologischen Ethik bei v. Brandenstein
- Analyse des Entwurfs einer neuen Gesellschaftslehre bei v. Brandenstein durch dessen Neufassung des Wesens des „Gemeinschaftsgeistes“ und seines Verhältnisses sowohl zum „Gemeingeist“ (als allgemeiner Vernunftstruktur) als auch zum Individualgeist
- Aufdeckung der größeren Dimension des menschlichen Geistes und Revision der Lehre vom Unbewussten durch v. Brandensteins Entdeckung des sogenannten „Vollbewusstseins“ zur Vertiefung der psychologischen Wissenschaften
- Beschäftigung mit v. Brandensteins Verständnis der Natur als Werk einer Ordnung von durch Gott erschaffenen „Naturgeistkräften“ (nicht-menschliche Zweitursachen) und mit v. Brandensteins neuem Bild der Natur als geistiges Gesamtkunstwerk unter der „Gesamtregie“ Gottes
- Ausarbeitung von v. Brandensteins neuer Bestimmung von Wesen, Stellung und Rolle des Bösen in der Schöpfung: neue Lösungsmöglichkeiten des Theodizeeproblems durch die Entdeckung und genaue Bestimmung der drei Seinsränge (aU (aktuale Unendlichkeit) = Gott; pU (potentiale Unendlickeit) = Geschöpf; E (Endlichkeit) = Dingobjekt) und ihrer Synthesen (EpU = Mensch; aUpUE = Gottmensch)
- Auseinandersetzung mit v. Brandensteins Neubestimmung der Kausalität als eines philosophischen Grundproblems (das Problem und die Lösung der Kausalfrage): Kreationismus, Pantheismus, Emanatismus oder Panentheismus?
- Ausarbeitung der Bestimmung des Verhältnisses zwischen Philosophie und Christentum bei v. Brandenstein (die Trinität als ontologisch-philosophisches Problem)
- Ausarbeitung der philosophischen Christologie bei v. Brandenstein (der Gottmensch als metaphysisches Problem): Ist das Gottmenschentum Christi philosophisch beschreibbar und bestimmbar?
- Untersuchung zu v. Brandensteins Bestimmung des Verhältnisses zwischen Sein, Sinn und Wert: Wie hängen sie zusammen und wie wurzeln sie im Sein?
Diese Themenkreise sollen in individuellen Forschungsarbeiten und auch in Form von Lehrveranstaltungen, Tagungen und (Gast-)Vorträgen bearbeitet werden.
____Forschungsaktivitäten
Erasmus-plus-Aufenthalt in der Katholischen Péter-Pázmány-Universität in Budapest
21. bis 27. November 2022
Prof. Dr. Dr. Markus Enders, Dr. Dr. Boris Wandruszka
Dieser Erasmus-plus-Aufenthalt diente der Kontaktaufnahme mit potentiellen Kooperationspartnern und der Vorstellung der Forschungsstelle, der Planung konkreter Forschungsprojekte zu v. Brandenstein und der Einführung in das Werk v. Brandensteins in Lehrveranstaltungen.
Übersetzung ins Deutsche und Edition des ungarischen Kierkegaard-Buches von v. Brandenstein
Projektverantwortliche: Anna Varga-Jani
Dieses Übersetzungsprojekt des in Ungarisch erschienenen Buches Kierkegaard (Budapest: Kairosz 2005) von Béla von Brandenstein wird von der Makovecz Campus Alapítvány (Makovecz Campus Stiftung) finanziert.
Habilitationsprojekt zur triadischen Ontologie
Projektverantwortlicher: Matteo Raffaelli
Matteo Raffaelli (*1978) studierte Philosophie in Pisa. Er kollaborierte mit der Forschungsstelle für Interkulturelle Philosophie und Comeniusforschung der Universität Bamberg (unter Leitung von Heinrich Beck und Erwin Schadel), wo er 2008 bei Schadel promovierte. Gegenwärtig ist er Habilitand am Lehrstuhl für Christliche Religionsphilosophie an der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg und Kooperationspartner der damit verbundenen Béla-von-Brandenstein-Forschungsstelle. Parallel dazu führt er archivwissenschaftliche Forschung für die Franziskanische Provinz der Toskana durch.
Raffaellis intellektuelles Profil zeichnet sich durch eine ausgeprägte Interdisziplinarität aus, in der Philosophie, Theologie und Epistemologie der Künstlichen Intelligenz miteinander verbunden werden. Er leitete mehrere europäisch geförderte Forschungsprojekte (FP7 und Horizon 2020) im Bereich der KI. Sein zentrales akademisches Anliegen besteht in der Rekonstruktion einer triadischen bzw. trinitarischen Ontotheologie, die als tragfähige Denkform eine kohärente und transformative Antwort auf die geistigen und zivilisatorischen Krisen unserer Zeit ermöglichen soll.
https://orcid.org/0009-0004-3926-377X
Ausgewählte Publikationen:
- Macht, Weisheit, Liebe. Campanella und Comenius als Vordenker einer friedvoll globalisierten Weltgemeinschaft (Schriften zur Triadik und Ontodynamik 27), Frankfurt a. M. u. a. 2009.
- »Un’amicizia filosofica intercontinentale: Heinrich Beck e Ismael Quiles«, in: Persona y acción del R.P. Ismael Quiles S.J. Homenaje de la Fundación Ser y Saber en su 30° aniversario, Vorwort von J. M. Bergoglio, Buenos Aires 2010, S. 135–155.
- »L’unità di Potenza, Sapienza e Amore come ›altra‹ modernità. Il superamento delle istanze moderne di Telesio e Cartesio nella metafisica primalitativa di Campanella«, in: Sophia 8/1 (2016), S. 27–40.
- »Orizzonte triadico della metafisica e ›nulla‹ in Platone, Hegel e Campanella«, in: Sophia 8/2 (2016), S. 142–165.
- »›Tirannide, sofismi, ipocrisia‹ come negazione della comunione trinitaria«, in: Sophia 16/1 (2024), S. 131–142.
Kurzbeschreibung des Habilitationsprojekts
Im Kontext seiner Habilitation am Lehrstuhl für Christliche Religionsphilosophie widmet sich Matteo Raffaelli einer vertieften Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen Renaissance trinitarischer Denkansätze. Besonderes Augenmerk gilt dabei der systematischen Erschließung ausgewählter Perspektiven, die das Seiende in relationaler Weise als dreifache Partizipation deuten.
Im Zentrum stehen methodologische Fragen zur historischen Systematisierung trinitarischer Quellen, zur Relevanz patristischer und neuzeitlicher Konzeptionen sowie zur dialogischen Weiterentwicklung triadischer Ontologien im Horizont aktueller geistes- und gesellschaftstheoretischer Herausforderungen. Die Forschung erfolgt im Rahmen laufender konzeptueller Vorarbeiten und versteht sich als Beitrag zur langfristigen Profilierung eines interdisziplinären Ansatzes, der Theologie, Philosophie und kulturelle Grundfragen in eine fruchtbare Beziehung setzt.
____Publikationen
- Markus Enders, »The Metaphysical Proof of God Following the So-Called Alternating Series Proof for the Beginning of the Universe in the Thought of Baron Béla von Brandenstein (1901–1989)«, in: Proceedings Metaphysics 2021 – Eight World Conference (ca. 12 Seiten, im Druck).
- Markus Enders, »Der metaphysische Gottesbeweis im Anschluss an den sog. Wechselreihenbeweis für den Anfang des Universums im Denken des Freiherrn Béla von Brandenstein (1901–1989)«, in: Jan-Heiner Tück/Magnus Striet (Hrsg.), Jesus Christus – Alpha und Omega, Festschrift für Helmut Hoping, unter der Mitarbeit von Peter Paul Morgalla, Freiburg i. Br./Basel/Wien: Herder 2021, S. 84–96.
____Kooperationspartner
Ungarische Kooperationspartner
Prof. Dr. Krisztián Vincze
Katholische Péter-Pázmány-Universität (Budapest)
Fakultät für Theologie
I. Lehrstuhl I für Christliche Philosophie
https://www.htk.ppke.hu/1-es_szamu_kereszteny_bolcseleti_tanszek
Prof. Dr. László Gájer
Katholische Péter-Pázmány-Universität (Budapest)
Fakultät für Theologie
II. Lehrstuhl für Christliche Philosophie
https://www.htk.ppke.hu/2-es_szamu_kereszteny_bolcseleti_tanszek
Prof. Dr. Balázs M. Mezei
Katholische Péter-Pázmány-Universität (Budapest)
Institut für Philosophie
Lehrstuhl für Philosophie
Dr. habil. Anna Varga-Jani
Katholische Péter-Pázmány-Universität (Budapest)
Institut Heiliger Johannes Paul II.
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Dr. Veres Ildikó
Italienische Kooperationspartner
Prof. Dr. Piero Coda
Istituto Universitario Sophia (Loppiano)
Department of Theology, Philosophy and Human Sciences
Full Professor of Trinitarian Ontology
https://www.sophiauniversity.org/en/portfolio/piero-coda/
Dr. Valentina Gaudiano
Istituto Universitario Sophia (Loppiano)
Department of Theology, Philosophy and Human Sciences
Associate Professor of Philosophical Anthropology
https://www.sophiauniversity.org/en/portfolio/valentina-gaudiano/
Dr. Matteo Raffaelli
Mitglied des wissenschaftlichen Redaktionssekretariats des Dynamischen Wörterbuchs Trinitarischer Ontologie (Sophia-Universität Loppiano, Prof. Coda)
Mitglied der Redaktion der Zeitschrift Studi Francescani
Deutsche Kooperationspartner
Mario Pohl
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
Theologische Fakultät
Lehrstuhl für Philosophische Grundfragen der Theologie
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
https://www.ku.de/der-theologie/mitarbeitende/mario-pohl
Tschechische Kooperationspartner
Mgr. Mgr. Eduard Fiedler, PhD
Palacký University Olomouc (Olmütz)
Sts Cyril and Methodius Faculty of Theology
Assistant Professor of Philosophy, Principal Investigator of the project »Trinitarian Ontologies: A New Philosophical Investigation into Trinitarian Relationality« (2024–2026)
https://www.cmtf.upol.cz/katedry-a-instituty/katedry/zivotopis/fiedler-eduard/