Forschung
Profil der Forschungsstelle
Die Béla-von-Brandenstein-Forschungsstelle soll primär die folgenden Aufgaben zur Erforschung des Werkes und der Wirkungsgeschichte Béla von Brandensteins erfüllen:
- Zusammenführung, Ordnung und Erstellung einer Gesamtausgabe der in Deutsch und Ungarisch erschienenen Schriften v. Brandensteins; dazu kommen auch eine Aufarbeitung und Herausgabe seines umfangreichen Briefwechsels, der noch nicht publiziert ist
- Erarbeitung einer Bibliographie der Primärliteratur v. Brandensteins und der Sekundärliteratur zu seinem Denken
- Zusammenstellung einer Forschungsbibliothek mit der Primärliteratur v. Brandensteins und wichtiger Sekundärliteratur zu seinem Denken
- Zusammenstellung eines Archivs mit Dokumenten aus dem Nachlass v. Brandensteins
- Forschungen zu den Quellen und Einflüssen auf das Werk v. Brandensteins (z. B. Eduard Spranger, Peter Wust, Romano Guardini, Akos von Pauler, Franz Brentano, Edmund Husserl, Bernhard Bolzano, Augustinus, Thomas von Aquin usw.)
- Erforschung der Wirkungsgeschichte des Werkes v. Brandensteins (z. B. in der „Philosophie des Leidens“ und in der „Traumtheorie“ von Boris Wandruszka, aber auch in der Pädagogik z. B. von Georg Krozewski)
Die Arbeit der Forschungsstelle wird durch vorhandene Forschungsmittel des Lehrstuhls für Christliche Religionsphilosophie finanziert und soll in Zukunft auch durch Drittmitteleinwerbungen finanziert werden.
Allgemeine Zielsetzungen der Forschungsstelle
In der Arbeit der Béla-von-Brandenstein-Froschungsstelle sind folgende allgemeine Themenkreise zur Erforschung der Bedeutung der Philosophie v. Brandensteins für die geistige Situation unserer Zeit relevant:
- Der Beitrag v. Brandensteins zum Selbstverständnis des Menschen und seiner Kultur und zur Diagnose der Gegenwart und ihrer Krisen auf dem Hintergrund der metaphysisch gestützten Zeitanalyse, Geschichtsphilosophie, Gesellschaftslehre und Anthropologie v. Brandensteins
- Der Beitrag v. Brandensteins zur natürlichen Stellung des Menschen im Kosmos bzw. in der Schöpfung und zur Philosophie als Sinnstiftungskraft: Beiträge zu einer umfassenden geistig-sinnhaften Kosmologie für die Bewältigung aktueller Herausforderungen und Konflikte und zur Gestaltung einer menschenfreundlichen Zukunft
- Der Beitrag v. Brandensteins zur Philosophie als Wissenschaft: Die Wiedergewinnung einer Philosophie als (nicht-positivistischer) Wissenschaft mit eigenen, spezifisch philosophischen Methoden: Phänomenologisch-reduktive Analyse zur Aufdeckung der Seinsgrundstruktur der Phänomene und eine metaphysisch-regressive Analyse der notwendigen Seinsvoraussetzungen dieser Phänomene; darüber hinaus spezifisch totische, logische, mathematische, erkenntnistheoretische, pragmatische, poietische und ethische Erkenntnismethoden
- Ein Neuentwurf der Systematik der philosophischen Wissenschaften aus der triadischen Ontologie, d. h. aus dem Wesen der Seinsgrundstruktur, heraus: Der Aufbau eines kohärenten Systems der philosophischen Wissenschaften (Dinglehre/Ontologie, Gehaltlehre/Totik, Formenlehre/Logik, Gestaltungslehre/Mathematik, Wirklichkeitslehre/Metaphysik, Tatlehre/Pragmatik, Wissenschaftslehre/Theoretik, Kunstlehre/Poietik, Lebenslehre/Ethik, Religionsphilosophie)
- Der Beitrag v. Brandensteins zum Verständnis der Philosophie als Garant der universalen Vernunft und damit der natürlichen Verbundenheit aller Menschen („Jeder kann prinzipiell jeden verstehen“): Der Aufweis einer universalen Vernunftstruktur im Menschen, die dennoch individuelle Vielfalt und differenzielle Kommunikation zulässt (differenzieller Universalismus und Inklusivität)
- Eine Analyse von v. Brandensteins Verständnis von Philosophie als differenziell-integrativer Kraft: Einbezug bzw. Integration und Abgrenzung von Religion und (Natur-)Wissenschaft
- Ein Aufweis von v. Brandensteins Verständnis der Philosophie als Hinführung zum trinitarischen Gott und damit als Kooperatorin mit dem Christentum: Die Aufdeckung einer trinitarischen Ontologie als Grundstruktur der Wirklichkeit, des Geistes und aller Wissenschaften: Das Göttliche prägt sich strukturell in allem Seienden triadisch aus.
- Ausarbeitung des Verständnisses von Philosophie als Grund- und Prinzipienwissenschaft („Zurück zum Grund“) bei v. Brandenstein und dessen Aufweis der Möglichkeit einer wissenschaftlichen Metaphysik und Theologie
- Aufweis des Beitrags von v. Brandensteins zur Erneuerung des Menschenbildes auf christlich-humanistischer Grundlage unter Einbeziehung moderner Erkenntnisse der Natur- und Geisteswissenschaften
- Untersuchung der Konzeption einer metaphysisch gestützten ontologischen Ethik bei v. Brandenstein
- Analyse des Entwurfs einer neuen Gesellschaftslehre bei v. Brandenstein durch dessen Neufassung des Wesens des „Gemeinschaftsgeistes“ und seines Verhältnisses sowohl zum „Gemeingeist“ (als allgemeiner Vernunftstruktur) als auch zum Individualgeist
- Die größere Dimension des menschlichen Geistes: Eine Revision der Lehre vom Unbewussten durch von Brandensteins Entdeckung des so genannten „Vollbewusstseins“: Vertiefung der psychologischen Wissenschaften
- Beschäftigung mit v. Brandensteins Verständnis der Natur als Werk einer Ordnung von durch Gott erschaffenen „Naturgeistkräften“ (nicht-menschliche Zweitursachen): v. Brandensteins neues Bild der Natur als geistiges Gesamtkunstwerk unter der „Gesamtregie“ Gottes
- Ausarbeitung von v. Brandensteins neuer Bestimmung von Wesen, Stellung und Rolle des Bösen in der Schöpfung: Neue Lösungsmöglichkeiten des Theodizeeproblems durch die Entdeckung und genaue Bestimmung der drei Seinsränge (aU (aktuale Unendlichkeit) = Gott; pU (potentiale Unendlickeit) = Geschöpf; E (Endlichkeit) = Dingobjekt) ud ihrer Synthesen (EpU = Mensch; aUpUE = Gottmensch)
- Auseinandersetzung mit v. Brandensteins Neubestimmung der Kausalität als eines philosophischen Grundproblems – das Problem und die Lösung der Kausalfrage: Kreationismus, Pantheismus, Emanatismus oder Panentheismus?
- Ausarbeitung der Bestimmung des Verhältnisses zwischen Philosophie und Christentum bei v. Brandenstein: Die Trinität als ontologisch-philosophisches Problem
- Ausarbeitung der philosophischen Christologie bei v. Brandenstein – der Gottmensch als metaphysisches Problem: Ist das Gottmenschentum Christi philosophisch beschreibbar und bestimmbar?
- Untersuchung zu v. Brandensteins Bestimmung des Verhältnisses zwischen Sein – Sinn – Wert: Wie hängen sie zusammen? Und wie wurzeln sie im Sein?
Diese Themenkreise sollen auch in Form von Lehrveranstaltungen, Tagungen und Gastvorträgen bearbeitet werden.
Spezielle Aktivitäten der Forschungsstelle
Erasmus-plus-Aufenthalt in der Katholischen Péter-Pázmány-Universität in Budapest
21. bis 27. November 2022
Prof. Dr. Dr. Markus Enders, Dr. Dr. Boris Wandruszka
Dieser Erasmus-plus-Aufenthalt diente der Kontaktaufnahme mit potentiellen Kooperationspartnern und der Vorstellung der Forschungsstelle, der Planung konkreter Forschungsprojekte zu v. Brandenstein und der Einführung in das Werk v. Brandensteins in Lehrveranstaltungen.
Übersetzung ins Deutsche und Edition des ungarischen Kierkegaard-Buches von v. Brandenstein
Projektverantwortliche: Anna Varga-Jani
Dieses Übersetzungsprojekt des in Ungarisch erschienenen Buches Kierkegaard (Budapest: Kairosz 2005) von Béla von Brandenstein wird von der Makovecz Campus Alapítvány (Makovecz Campus Stiftung) finanziert.
Forschungsprojekt: »Grundzüge einer trinitarischen Ontologie: Heinrich Beck, Erwin Schadel und Béla von Brandenstein«
Projektverantwortlicher: Matteo Raffaelli
Matteo Raffaelli, geboren 1978, besuchte das altsprachliche Gymnasium und studierte Philosophie in Pisa. 2008 promovierte er in Philosophie an der Universität Bamberg (bei Prof. Schadel). Er war Mitarbeiter der Forschungsstelle für Interkulturelle Philosophie und Comeniusforschung der Universität Bamberg und ist Mitglied des wissenschaftlichen Redaktionssekretariats des Dynamischen Wörterbuchs Trinitarischer Ontologie (Sophia-Universität Loppiano, Prof. Coda) und der Redaktion der Zeitschrift Studi Francescani. Er hat Forschungsprojekte in verschiedenen Bereichen koordiniert. Sein Hauptinteresse liegt in der Rekonstruktion einer triadischen bzw. trinitarischen Ontotheologie und im daraus resultierenden Impuls für eine harmonische Lösung der aktuellen Globalisierungsproblematik.
Ausgewählte Publikationen:
- Macht, Weisheit, Liebe. Campanella und Comenius als Vordenker einer friedvoll globalisierten Weltgemeinschaft (Schriften zur Triadik und Ontodynamik 27), Frankfurt a. M. u. a. 2009.
- »Un’amicizia filosofica intercontinentale: Heinrich Beck e Ismael Quiles«, in: Persona y acción del R.P. Ismael Quiles S.J. Homenaje de la Fundación Ser y Saber en su 30° aniversario, Vorwort von J. M. Bergoglio, Buenos Aires 2010, S. 135–155.
- »L’unità di Potenza, Sapienza e Amore come ›altra‹ modernità. Il superamento delle istanze moderne di Telesio e Cartesio nella metafisica primalitativa di Campanella«, in: Sophia 8/1 (2016), S. 27–40.
- »Orizzonte triadico della metafisica e ›nulla‹ in Platone, Hegel e Campanella«, in: Sophia 8/2 (2016), S. 142–165.
- »Tirannide, sofismi, ipocrisia« come negazione della comunione trinitaria (im Erscheinen).
Kurzbeschreibung des Forschungsprojekts
Der Bezugsrahmen des Forschungsprojekts liegt in jener Denkrichtung, die im erschaffenen Seienden den Widerschein des Lichts des trinitarischen Gottes, der Liebe ist, und in der inneren Dynamik der Trinität die eigentliche Konstitution des Seins sieht. Es ist die Denkrichtung, die von Klaus Hemmerle und zuvor von Clemens Kaliba »trinitarische Ontologie« genannt, von Autoren wie Theodor Haecker und Hans-Eduard Hengstenberg mit ihrer Auffassung einer »analogia trinitatis« initiiert wurde und verschiedene Figuren der philosophisch-theologischen Debatte seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts umfasst. Im Forschungsprojekt werden die Grundzüge einer trinitarischen Ontologie anhand von drei Autoren rekonstruiert, die jeweils ein wesentliches Moment desselben Vorgehens einer trinitarischen Ontologie betonen:
- Heinrich Becks fundamentale Intuition einer trinitarischen Ontologie (der Grund-Akt des Seins als Ineinander von Realität, Idealität und Bonität),
- Erwin Schadels umfassende Rekonstruktion der Zusammenhangsstruktur einer trinitarischen Ontologie in ideen- und mentalitätsgeschichtlicher Perspektive und
- Béla von Brandensteins einheitliche Systematik einer trinitarischen Ontologie.
Publikationen
- Markus Enders, »The Metaphysical Proof of God Following the So-Called Alternating Series Proof for the Beginning of the Universe in the Thought of Baron Béla von Brandenstein (1901–1989)«, in: Proceedings Metaphysics 2021 – Eight World Conference (ca. 12 Seiten, im Druck).
- Markus Enders, »Der metaphysische Gottesbeweis im Anschluss an den sog. Wechselreihenbeweis für den Anfang des Universums im Denken des Freiherrn Béla von Brandenstein (1901–1989)«, in: Jan-Heiner Tück/Magnus Striet (Hrsg.), Jesus Christus – Alpha und Omega, Festschrift für Helmut Hoping, unter der Mitarbeit von Peter Paul Morgalla, Freiburg i. Br./Basel/Wien: Herder 2021, S. 84–96.
Kooperationspartner
Prof. Dr. Krisztián Vincze
Katholische Péter-Pázmány-Universität (Budapest)
Fakultät für Theologie
I. Lehrstuhl I für Christliche Philosophie
https://www.htk.ppke.hu/1-es_szamu_kereszteny_bolcseleti_tanszek
Prof. Dr. László Gájer
Katholische Péter-Pázmány-Universität (Budapest)
Fakultät für Theologie
II. Lehrstuhl für Christliche Philosophie
https://www.htk.ppke.hu/2-es_szamu_kereszteny_bolcseleti_tanszek
Prof. Dr. Balázs M. Mezei
Katholische Péter-Pázmány-Universität (Budapest)
Institut für Philosophie
Lehrstuhl für Philosophie
Dr. habil. Anna Varga-Jani
Katholische Péter-Pázmány-Universität (Budapest)
Institut Heiliger Johannes Paul II.
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Prof. Dr. Piero Koda
Istituto Universitario Sophia (Loppiano)
Department of Theology, Philosophy and Human Sciences
Full Professor of Trinitarian Ontology
https://www.sophiauniversity.org/en/portfolio/piero-coda/
Dr. Valentina Gaudiano
Istituto Universitario Sophia (Loppiano)
Department of Theology, Philosophy and Human Sciences
Associate Professor of Philosophical Anthropology
https://www.sophiauniversity.org/en/portfolio/valentina-gaudiano/
Dr. Matteo Raffaelli
Mitglied des wissenschaftlichen Redaktionssekretariats des Dynamischen Wörterbuchs Trinitarischer Ontologie (Sophia-Universität Loppiano, Prof. Coda)
Mitglied der Redaktion der Zeitschrift Studi Francescani
Dr. Veres Ildikó