Studium und Lehre

Interdisziplinäres Seminar:
Der trinitarische Grundzug der Wirklichkeit. Philosophische Begründungsformen einer trinitarischen Ontologie im Werk von Béla von Brandenstein, Heinrich Beck und Klaus Hemmerle

Wintersemester 2018/19

Prof. Dr. Dr. Markus Enders, Dr. Dr. Boris Wandruszka

Für eine trinitarische Ontologie ist die Annahme charakteristisch, dass die gesamte Welt-Wirklichkeit in ihrem Grundzug eine Konfiguration darstellt, die sich aus drei Grundelementen zusammensetzt. In diesem Seminar wurden drei methodologisch unterschiedliche, in ihren Resultaten jedoch konvergierende, bedeutsame philosophische Begründungsformen einer trinitarischen Ontologie in der Philosophie des 20. Jahrhunderts vorgestellt und miteinander verglichen, und zwar diejenigen von Béla von Brandenstein (1901–1989), Heinrich Beck (geb. 1929) und Klaus Hemmerle (1929–1994). Obwohl diese drei Begründungsformen in methodischer Hinsicht große Unterschiede voneinander aufweisen, zeigen ihre Resultate doch erstaunliche Ähnlichkeiten und Konvergenzen. Diese Konvergenzen herauszuarbeiten und für das christliche Verständnis des trinitarischen Grundzugs der Schöpfungswirklichkeit dieser Welt fruchtbar zu machen, war das Ziel dieses Blockseminars.

 

Interdisziplinäres Seminar:
»Der Aufbau des Seins« – eine Einführung in das philosophische Denken und die Grundlegung seiner Disziplinen durch den deutsch-ungarischen Philosophen Béla von Brandenstein (1901–1989)

Wintersemester 2019/20

Prof. Dr. Dr. Markus Enders, Dr. Dr. Boris Wandruszka

Anhand des Buches „Der Aufbau des Seins“ wurde das Denken des deutsch-ungarischen Philosophen Béla von Brandenstein dargestellt, besprochen und diskutiert. Es handelt sich dabei um einen philosophischen Ansatz, der

  • immer ganz nah „an der Sache“ zu sein sich bemüht (Seinsnähe, Seinsverbundenheit, Sachlichkeit),
  • methodisch klar ausgewiesen mit den Sachverhalten und Problemen angemessenen Erkenntnismethoden systematisch vorgeht und alle Aussagen konsistent und kohärent zu verbinden sucht,
  • beansprucht, umfassend zu sein, und alle Bereiche der Philosophie abdeckt (Lehre von den Qualitäten, Seins- und Begriffslogik, Mathematik, Metaphysik, Pragmatik, Wissenschaftstheorie, Kunstlehre, Ethik und Religionsphilosophie, außerdem eine philosophische Anthropologie, Existenzlehre, Unendlichkeitslehre, Zeit- und Raumlehre u. v. a. m.),
  • zu den letzten Seins- und Denkvoraussetzungen („Gründen“, arché, principia) vorzudringen sucht
  • und der phänomenologisch vom unmittelbar Erlebten ausgeht und dessen immanente Grundstruktur mit ihren letzten, d. h. unauflösbaren Momenten differenziell entfaltet, was als Basis alles weiteren Philosophierens dient.

In einem ersten, eben dem phänomenologischen oder gegenstandstheoretischen Schritt wird die Grundstruktur alles Seienden aufgewiesen, die durch eine so in der Tradition bisher nicht gesehene fundamentale Dreifaltsstruktur bestimmt ist: Gehalt – Form – Gestaltung. Daraus ergeben sich drei ontologische Wissenschaften: die Gehaltlehre oder Totik (tode-ti = dieses-da), die Formenlehre oder Logik (Lehre von den Zusammenhängen) und die Gestaltungslehre oder Mathematik. Hierbei handelt es sich um „vorwirkliche“ bzw. vormetaphysische Wissenschaften, weil sie erst nur die Grundmomente behandeln, die ein jedes wirkliche Ding komponieren.

In einem weiteren Schritt, der über das Erfahrbare und damit alles Empirische streng logisch (und mit einer speziellen Methode) hinausführt, werden die metaphysischen Universalzusammenhänge der Wirklichkeit bis zu ihrem letzten Grund aufgedeckt (Gott als Urursache/Erstursache – metaphysische Materie als Feld des Weltwechselwirkens aller tätigen Ursachen – Zweitursachen/geistige Geschöpfe). Dabei wird dem Menschen seine einzigartige „Stellung im All“ zugewiesen. Es zeigt sich dabei, dass Letzterer keineswegs das einzige geistige Geschöpf im Universum ist, sondern dass er in eine „geistige Familie“ gehört, deren Erschließung den Aufbau und Sinn der Natur erst offenbart und im Grundsätzlichen klarstellt. Ohne diese Vorarbeiten können viele Fragen und Probleme, so etwa das Gott-Welt-Verhältnis, das Wesen der Materie, das Theodizeeproblem u. v. a. m., keiner Lösung zugeführt werden.

Um einen Zugang zur höheren Ordnung des Universums zu finden, muss eines der zentralsten, fundamentalsten und schwierigsten Probleme der Philosophie, die Kausalitätsfrage, behandelt und geklärt werden. Das geschieht durch den so genannten Wechselreihenbeweis, der zeigt, dass alles Zeitlich-Veränderliche notwendig einen ersten Beginn hat, der sich wiederum notwendig nur noch einer zeitlosen Wirklichkeit verdankt. Daraus ergibt sich weiter, dass die Wirklichkeit aus drei Seinsrängen, und zwar nur dreien, aufgebaut ist, die nur von oben, nicht von unten direkt überbrückt werden können: aus der ur- und nursubjektiven, weil sich selbst einzig und absolut bestimmenden Wirklichkeit Gottes (ens a se, causa sui) im ersten Seinsrang, der Objekt-Subjekte im zweiten Seinsrang (tätig-geistige Geschöpfe) und der Nur-Objekte (Wirkungskomplexe) im dritten Seinsrang. In dieser einfachen und zugleich komplexen Ordnung, der sich das Seminar intensiver gewidmet hat, finden nahezu alle metaphysischen Fragen wie Naturphänomene, Lebewesen, Freiheit, Unsterblichkeit, Sinn des Daseins, Ziel des Lebens, Möglichkeit des Bösen usw. ihren Platz.

Aus der eingangs erwähnten trinitarischen Grundstruktur des Seins entfalten sich auf höherer, lebensvollerer Seinsstufe dann die sog. drei fundamentalen „Lebenszweige“, die Pragmatik oder Handlungslehre, die Theoretik oder Wissenschafts- und Erkenntnislehre und die Poietik, die Kunstlehre. Sie bauen auf den drei seelisch-geistigen Grundkräften des Willens als Handlungszentrum (der nicht identisch mit Trieb, Streben und Wunsch ist), des Verstandes bzw. der Vernunft als Erkenntniszentrum und des Gefühls (z. B. Freude, Hoffnung, Trauer, Angst und Liebe) als Gestaltungs-, Bindungs- und Erfüllungszentrum. Diese drei Wissenschaften, die sich zu allen Tätigkeiten des Menschen kombinieren (Spiel, Sport, Wirtschaft, Lehre, Forschung, Dichtung, Politik usw.), werden dann wieder in einer umfassenden Lebenslehre oder Ethik zusammengefasst, die die höchsten Wertwirklichkeiten und Werthaltungen (neun Tugenden) ermittelt. Gekrönt wird dieses System der Philosophie von der Religionsphilosophie, die das innere Leben Gottes und sein Walten in der Welt, so weit das mit der natürlichen Vernunft zu erkennen ist, entfaltet. Damit allerdings wird schon eine jegliche strenge, d. h. wissenschaftlich beweisende Philosophie überschritten.

 

Vortrag:
Trinitarische Ontologie und Metaphysik. Béla von Brandensteins „Grundlegung der Philosophie“ als Fundament und Inspirationsquelle der christlichen Schöpfungslehre

Dr. Dr. Boris Wandruszka

Vortrag im Rahmen der Internationalen Fachtagung »Die Metaphysik – wiederzuentdeckende Inspirationsquelle heutiger Fundamentaltheologie?« der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt vom 16. bis 19. Juni 2022 in Eichstätt

 

Vortrag:
»Die Gottesfrage als Ziel und Angelpunkt in der Philosophie von Béla von Brandenstein«

Dr. Dr. Boris Wandruszka

Vortrag im Rahmen der Tagung »Die Gottesfrage heute – zeitgenössische Antwortversuche« der Fakultät für Theologie der Katholischen Péter-Pázmány-Universität am 23. November 2022 in Budapest

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