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Nachruf zum Tode von Msgr. Professor em. Dr. theol. Werner Marschall

Die Theologische Fakultät
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau trauert um

 

Msgr. Professor em. Dr. theol. Werner Marschall

* 9. April 1927 in Oppeln † 26. Oktober 2021 in Fulda

 

Msgr. Professor em. Dr. theol. Werner Marschall  wurde nach Kriegsende mit seiner Familie aus seiner Oberschlesischen Heimat nach Westdeutschland vertrieben. In Usingen/Taunus legte Marschall, der aus dem Gymnasium heraus zur Wehrmacht eingezogen worden war, sein Abitur ab. Anschließend studierte Werner Marschall von 1947 bis 1951 Katholische Theologie an der für Heimatvertriebene errichteten Theologischen Hochschule in Königstein/Taunus sowie an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau. Seine pastorale Ausbildung erhielt er im Priesterseminar in Neuzelle, das damals zum Erzbischöflichen Amt Görlitz, dem Rest der Erzdiözese Breslau in der ehemaligen DDR, gehörte. Am 12. April 1953 empfing Werner Marschall die Priesterweihe für die Erzdiözese Breslau. Nach einer Kaplanszeit in Görlitz wechselte er aus gesundheitlichen Gründen nach St. Märgen im Hochschwarzwald. Während dieser dreijährigen Vikariatszeit verbesserte sich sein Gesundheitszustand, so dass er als Assistent am Lehrstuhl für Kirchengeschichte an der Universität Freiburg im Jahr 1962 seine Dissertation über „Alte Kirchenpatrozinien des Archidiakonats Breslau. Ein Beitrag zur ältesten schlesischen Kirchengeschichte“, betreut von Johannes Vincke, fertigstellen und im selben Jahr zum Dr. theol. promoviert werden konnte. 1966 wurde seine erste Qualifikationsarbeit als Band 3 der Reihe „Forschungen und Quellen zur Kirchen- und Kulturgeschichte Ostdeutschlands“ gedruckt. Im Jahr 1970 habilitierte sich Werner Marschall mit seiner Untersuchung über „Karthago und Rom. Die Stellung der nordafrikanischen Kirche zum Apostolischen Stuhl in Rom“. Seine Habilitationsschrift wurde als erster Band der bis heute renommierten Reihe „Päpste und Papsttum“ hg. von Georg Denzler, veröffentlicht. Marschalls weiterer akademischer Lehrer, der Freiburger Ordinarius für Kirchengeschichte, August Franzen, führte ihn an die Spätmittelalterliche Konziliengeschichte heraus. Marschall untersuchte die unterschiedlichen Positionen und Funktionen schlesischer Teilnehmer auf den Konzilien von Konstanz (1414-1418) und Basel (1431-1437). Die Erforschung der schlesischen Kirchengeschichte wurde zu Marschalls eigentlichem Forschungsprogramm. In Fachkreisen genoß er als „Nestor der schlesischen Kirchengeschichte“ hohe Wertschätzung.

Die Stärke der wissenschaftlichen Arbeit Werner Marschalls liegt auch in seiner ihm eigenen prägnanten Präsentation unterschiedlicher historischer Sachverhalte. Weniger Detailforschungen - das auch - als vielmehr Einblicke und Überblicksarbeiten interessierten ihn. Hervorzuheben ist seine 1980 erschienene „Geschichte des Bistums Breslau“. Marschall gelingt es, auf 200 Seiten eine fast 1000-jährige Bistumsgeschichte (bis zur Aufhebung des Erzbistums Breslau 1972) pädagogisch versiert und wissenschaftlich differenziert vorzulegen. Sich einzelnen Persönlichkeiten zuzuwenden und deren Wirken nachzuzeichnen, fand er am spannendsten. So bearbeitete und edierte er im Jahre 2000 vollständig auf über 1000 Seiten die Hirtenworte des in seiner Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus nicht unumstrittenen Breslauer Erzbischofs und Kardinals Adolf Bertram. Mit dieser Quellenausgabe liefert Marschall wertvolle Hinweise zu Bertrams Haltungen zum Ersten Weltkrieg, zur Volksabstimmung in Schlesien, zur Demokratie in der Weimarer Republik, zum Nationalsozialismus sowie auch zu binnenkirchlichen Problemstellungen und Konfliktlinien.

An der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg wurde Marschal im Jahr 1970 Dozent für Kirchengeschichte und Patrologie, 1976 wurde er zum außerplanmäßigen Professor und 1979 ordentlicher Professor für Kirchengeschichte ernannt. Er hielt Vorlesungen und Seminare aus dem gesamten Bereich der Kirchengeschichte sowie über regionale Kirchengeschichtsthemen, so zu den Bistümern Konstanz, Freiburg und Breslau. Im Jahr 1989 erfolgte seine Emeritierung.

Werner Marschall hat sich stets wissenschaftlich wie kulturell für das schlesische Erbe engagiert und in entsprechenden Organisationen Verantwortung übernommen. Er war Vorstandsmitglied des Schlesischen Priesterwerkes e. V. Im Jahr 1972 wurde er als Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates des Instituts für ostdeutsche Kirchen- und Kulturgeschichte berufen und zwei Jahre später auch ins Kuratorium der Kardinal-Bertram-Stiftung. Im gleichen Jahr wurde er Mitglied des Konsistoriums des Apostolischen Visitators für das Erzbistum Breslau. In diesem Gremium fungierte er seit 1989 als dessen Dekan.

Für seine wissenschaftlichen und kirchlichen Tätigkeiten erhielt Werner Marschall zahlreiche Auszeichnungen und Anerkennungen, so z. B. 1974 den Förderpreis des „Oberschlesischen Kulturpreises“ des Landes Nordrhein-Westfalen, 1993 die Kardinal-Bertram-Medaille. 1995 wurde er von Papst Johannes Paul II. zum Prälaten ernannt.
Für sein Engagement in der Theologischen Fakultät gebührt ihm bleibender Dank.
 

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